Der Radiomanager
von
Herbert Henck
Von einem Radiomanager hörte ich einmal einen Vorschlag für die Proben mit dem häufig gegen zeitgenössische Musik eingenommenen Orchester. Denn die mit
dieser Musik unvertrauten Spielarten führten oft zu Misshelligkeiten und zeitraubenden Diskussionen mit Dirigenten oder anwesenden Komponisten, die der eigentlichen Probe abgingen. So war ein Verlust an Renommé zu
beobachten, nicht nur bei den Komponisten und ihrer Musik, sondern bei letztlich allen, die sich hiermit befassten.
So kam es zu dem natürlich nicht öffentlich ausgeprochenen Vorschlag, dass sich der Komponist eine sehr ausgefallene, extreme Spielart ausdenken und in
seine Partitur aufnehmen solle, eine Spielart, die jeden Orchestermusiker so recht verdrießen werde, wie etwa das Ansinnen, etwas „dilettantisch zu singen“. Während der Proben solle der Komponist indes wieder
einlenken und auf diese Spielart schließlich ganz verzichten, nachdem eine Diskussion über sie entbrannt sei. Hierdurch stelle sich zugleich als Erfolg ein, dass jede andere, auch eine sehr ausgefallene Spielart,
ohne jeglichen Widerstand ausgeführt werde, denn der Komponist hatte ja schon in einem scheinbar schwererwiegenden Fall nachgegeben – wofür man sich dankbar zeigte.
Erste Eingabe ins Internet: August 2015
Letzte Änderung: Mittwoch, 4. Mai 2016
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