Das Abendmahl

von
 

Herbert Henck

Während ihrer Ausbildungszeit war es für Rekruten üblich, je nach Konfession den Gottesdienst oder die Messe der beiden Militärgeistlichen zu besuchen. Als nun einmal in der katholischen Kirche das Abendmahl gefeiert wurde, bei dem allein der Priester einen Schluck Wein aus dem Kelch nimmt, geschah es, dass ein Soldat, kurz bevor der Priester trank, nicht lautstark, aber doch so laut, dass der Priester und alle Umstehenden es hören konnten, sagte: „Prost!“

Diese Bemerkung, die sicherlich nicht angebracht und wohl nur ein Dummer-Jungen-Streich war, über den man besser kommentarlos hinweggeht, erzürnte den Geistlichen außerordentlich. Er unterbrach seine heilige Handlung und ging von dem Altar hinunter durch die Reihen der Anwesenden in jene Richtung, aus der die Bemerkung gekommen war.

Dort fragte er, wer das gewesen sei, und nachdem er den Schuldigen ermittelt hatte, schlug er diesem ins Gesicht, man könnte auch sagen: er ohrfeigte ihn. Der so Gemaßregelte ließ die Strafe über sich ergehen, verzog keine Miene, und nur die Rötung seines Gesichts zeigte, was gerade Beschämendes geschehen war.

Januar, Februar 2013

Ein Freund, der zwischen Gymnasialzeit und Studienbeginn seinen Wehrdienst abzuleisten hatte, erzählte mir Vorstehendes, das er selbst miterlebt hatte, in den 1970er-Jahren.

Erste Eingabe ins Internet:  30. Dezember 2014
Letzte Änderung: Samstag, 18. Juni 2016

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