Alexander Mossolow
1900–1973
Klaviermusik
Klaviersonate Nr. 2
»Aus alten Heften«, H-Moll, op. 4 1923–24 Frau Hélene Kolobowa zugeeignet
I. Sonata: Andante non troppo II. Adagio: Espressivo, sostenuto e severo (Allegretto) III. Finale: Allegro tumultuoso, infernale
Deux Nocturnes
op. 15 1925 und 1926 Wladimir Derjanowsky zugeeignet
I. Elegiaco, poco stentato
II. Adagio
Klaviersonate Nr. 5 D-Moll, op. 12
1925 Frau Susanne Mossolowa zugeeignet
I. Lento grave / Allegro affanato
II. Elegia (Lento) III. Scherzo marciale (Presto, con fuoco) IV. Adagio languente e patetico
Kommentar
Notenausgaben der Sonaten 2 und 5 (Sovetsky Kompozitor Publishers, 1991)
auf Anfrage als Archivdruck erhältlich durch [contact for printed music:] Internationale Musikverlage Hans Sikorski, Hamburg
Deux Nocturnes: Universal Edition Schallplattenaufnahme (ECM) Einführungstext
K o m m e n t a r
Fünf zwischen 1923 und 1925 komponierte Sonaten bilden das Zentrum von Mossolows Klavierwerk. Mossolow wich bei ihrer Zählung von der chronologischen Folge ab und zog die 1924 als zweite entstandene Sonate in C-Moll (op. 3) vor. Vielleicht empfand er ihren einsätzigen Entwurf innovativer, kompromissloser und für den Beginn eines Sonatenzyklus besser geeignet als die vorausgegangene klassisch dreisätzige Sonate in H-Moll, deren rückgreifenden Aspekt er in dem Untertitel Aus alten Heften kenntlich
machte. (Denselben Untertitel hatte bereits Sergej Prokofjew für seine dritte und vierte Klaviersonate verwendet, und möglicherweise knüpfte Mossolow an diese Tradition an.)
Musikalisch-pianistisch gesehen handelt es sich bei Mossolows Klavierwerken um hochvirtuose Musik,
deren Verbundenheit mit der klassisch-romantischen Tradition bis zum Spätwerk Alexander Skrjabins und Frühwerk Sergej Prokofjews unverkennbar ist. Dunkle, düstere Farben, die sich aus der Bassregion des
Instrumentes lösen, geben vielfach ihren Grundton an. Trauer und Wut, Aggression und Depression begegnen einander auf engstem Raum und streben in Steigerungen von oft heftigster Leidenschaftlichkeit nach Ausgleich.
Solche Stimmungen müssen nicht interpretatorisch erschlossen und in die Musik hineingelesen werden: Der Komponist selbst benennt sie durch zahlreiche Tempo- und Vortragsbezeichnungen, die das Maß, ja die Gewalt der
hier ausgetragenen Spannungen erkennen lassen, Spannungen, die den von Mossolow in vorderster Front erlebten revolutionären Kampf der Entstehungszeit und die erlittenen körperlichen und seelischen Wunden
unmittelbar zu spiegeln scheinen.
H. H. (aus dem Booklet der bei ECM erschienenen CD)
Letzte Änderung: Samstag, 14. Juni 2014
© 2000–2019 by Herbert Henck
|